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Lieben und Loslassen besprochen von Hans Gruber Marie Mannschatz ist in Deutschland geboren und von dem bekannten amerikanischen Buddhisten Jack Kornfield zur Vipassana-Lehrerin ausgebildet worden. In ihrem ersten Buch vermittelt sie ihr Verständnis von der buddhistischen Übung in Mettâ oder "Sympathie, Herzenswärme, Wohlwollen, liebevoller Zuwendung", wie sie das alte Pali-Wort übersetzt. Gemäß dem Grundansatz des Buddhismus lehrt sie die klare Kultivierbarkeit der vier traditionellen Herzensbereiche "Brahma-Vihâras", dies heißt von Liebevoller Zuwendung, Mitgefühl, Mitfreude und Gelassenheit bzw. Gleichmut. Diese fasst sie kurzerhand alle unter Mettâ. Sie will die im alten Pali-Kanon verankerte Mettâ-Meditation modern zugänglich machen, indem sie einer abendländischen Herangehensweise an die Lehre des Buddha folgt. In diesem Sinne erscheinen zuerst die Grundlagen und dann die Einzelbereiche der Übung in Freundlichkeit und Nächstenliebe, wie Mettâ hier auch gesehen wird. Die meisten Kapitel enden mit praktischen Übungsanleitungen, die aus der langjährigen Tätigkeit der Autorin als Meditationslehrerin und Gestalttherapeutin schöpfen. Nach den Kapiteln zu den vier Herzensbereichen werden jeweils deren "nahe" und "ferne Feinde" behandelt. Die "nahen Feinde" sind Gefühle, die aus Unachtsamkeit häufig mit den vier Brahma-Vihâras verwechselt werden; nämlich Fixiertsein mit Liebe; Mitleid mit Mitgefühl; Idealisierung oder Schmeichelei mit Mitfreude; sowie Gleichgültigkeit mit Gelassenheit oder Gleichmut. Die "fernen Feinde" sind die jeweiligen Gegenteile; nämlich Böswilligkeit und Ärger zu Liebe; Grausamkeit zu Mitgefühl; Neid und Eifersucht zu Mitfreude; sowie Reaktivität zu Gleichmut. Im definitorischen Bereich hat das Buch auch Schwächen. So wird der Ausdruck "Brahma" in "Brahma-Vihâras" (Wohnorte der Brahma-Götter) unrichtig mit "Wohnorte der Brahmanen" wiedergegeben. Der Buddha hat lediglich die Brahma-Götter als Personifikation hochentwickelter Geisteszustände betrachtet, wie sie auch hier im menschlichen Bereich in Form eben jener vier "Brahma-Vihâras" möglich sind. Damit lebt man auf Erden sozusagen wie ein Gott. Der Buddha hat dagegen die Brahmanen als Angehörige der höchsten Kaste der indischen Gesellschaft nicht als per se "rein" betrachtet, wie sie sich selbst empfinden. Er ist vielmehr ein ausgesprochener Kritiker der brahmanischen Lehren gewesen. Der Erwachte hat das Kastensystem abgelehnt, was ihm dem Zorn der Brahmanen eintrug (obgleich sich Brahmanen auch vom Kastensystem lossagten und dem Buddha folgten). Doch diese Schwächen können nicht die tief erfahrungsreiche Sprache und Lehre von Marie Mannschatz aufwiegen, mit der sie die Mettâ-Praxis vermittelt. Sie versteht zum Beispiel Loslassen(können) und
Liebe als zusammengehörig. So sagt sie: "Im vollkommenen Loslassen"
(besonders in der Konfrontation mit endgültiger Trennung von liebgewonnenen
Personen) "gelingt es uns Menschen oftmals, die Begrenzungen der konditionierten
Persönlichkeit wegzulassen und der Liebe allen Raum zu geben." Voll
achtsam zu sein heißt, ganz in der Gegenwart zu leben oder das stete
Entstehen und "Sterben" der Erscheinungen zu akzeptieren. So kann man
auch in fortwährender Weise loslassen. Daraus entsteht nun Wahre
Liebe, die im Buch etwa so resümiert wird: "Ohne Furcht und mit bedingungsloser
Liebe in reiner Gegenwart zu leben ist das höchste Glück, das
uns widerfahren kann." Neben ihrer ethisch aktivierenden Bedeutung hat
die Mettâ-Meditation auch eine den liebenden Menschen tief läuternde
Wirkung: "Sie wirkt wie ein schützendes Cape, das uns wärmt,
unser Selbstvertrauen stärkt und Ängste verscheucht." |
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