Der wahre Tanz um das Goldene Kalb: Mit breiter Macht das Unbewusste ergriffen.
Auszüge aus der Einleitung:
Trotz aller beschworener "Postmoderne" im 21. Jahrhundert hat das Denken
des Entweder-Gut-oder-Böse bzw. des Entweder-Gott-oder-Satan
der drei monotheistischen Weltreligionen in den letzten Jahren wiederholt
dazu gedient, Gewalt in einem gewaltigen Maßstab zu rechtfertigen.
Die "religiös" begründeten Anschläge
vom 11. September 2001 in New York, Afghanistan-Krieg, Irak-Krieg, wo auch Schiiten gegen Sunniten im Namen ihres jeweiligen Glaubens kämpfen, der "ewige" Nahost-Konflikt zwischen Israelis
und Palästinensern oder auch Hindu-Fundamentalisten gegen
islamistische Fanatiker in Indien.
In allen diesen Konflikten haben
"religiöse" Begründungen eine "aufheizende"
Rolle gespielt und spielen sie immer wieder. Es handelt sich letztlich bloß um besonders
zerstörerische Neuauflagen mit hochmodernen Waffen des islamischen
"Heiligen Krieges gegen die Ungläubigen" oder des
christlichen "Kreuzzuges gegen das Böse", die es
in der Geschichte dieser beiden Weltreligionen so häufig gegeben hat.
Die Kriegsparteien wähnen sich selbst als tätig in
göttlicher Mission, in einem "von Allah" oder "Gott gewollten Krieg". Da sie von einem solchen göttlichen Auftrag ausgehen, sind sie zu allem fähig.
Auch unbekannte "Tatorte" offenbaren es:
In Bangladesh betreiben die
regierenden Islamisten eine seit Langem mörderische
"ethnische Säuberung" der buddhistischen Minderheit.
Es wurde dort zum Beispiel ein führender, international
bekannter buddhistischer Mönch vor einem von ihm gegründeten
Waisenhaus sprichwörtlich zu Tode gehackt. Tausende Buddhisten
sind bereits umgekommen oder aus dem Land geflohen.
Im afrikanischen
Sudan hat die muslimische Regierung die christlichen
oder naturreligiösen Schwarzafrikaner im Süden des Landes bombardiert oder islamische Reitermilizen massakrieren regelmäßig Zivilisten (weit
über eine Millionen Menschen sind dort in den letzten Jahrzehnten
getötet worden).
In allen diesen und weiteren Konflikten kommen auch andere Gründe zum Tragen. Aber warum in aller Welt reagieren etwa die seit Jahrzehnten massiv unterdrückten und früher zu Hunderttausenden ermordeten Tibeter oder die ihrer freien Wahl beraubten, von einer kleinen militärischen Machtclique unterjochten Burmesen so anders auf die Unterdrückung als die Muslime oder Christen es heute oder in der Vergangenheit getan haben? Hat es mit dem ganz anders strukturierten Buddhismus zu tun, der eine deutlich größere spirituelle Reife bedingt? Warum gibt es trotz der viel größeren Unterdrückung der Tibeter durch die Chinesen im Vergleich zu der Unterdrückung der Muslime durch die Abendländer keine tibetischen Selbstmordattentäter?
Im Vergleich zwischen den monotheistischen
Weltreligionen und dem Buddhismus, was die historische wie die aktuelle
Gewalt angeht, ist der Buddhismus vergleichsweise sehr friedlich. Dies gilt in den folgenden Hinsichten, die jedem objektiven Vergleich zum Thema Gewalt zugrunde zu legen sind; nämlich in den Hinsichten,
wie er sich über andere Länder verbreitet hat,
wie er die Mentalität
ganzer Völker geprägt hat,
in welchem Maße er
religionsinterne Konflikte kennt,
welche Persönlichkeiten
ihn gegenwärtig besonders verkörpern (etwa Thich Nhat Hanh,
die beiden Friedensnobelpreisträger Dalai Lama und die burmesische
Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi),
und
inwieweit
er kriegerische Konflikte durch Ansichten ideologisch "befeuert".
Hätte es in früheren Zeiten Massenmedien gegeben,
wäre das Ungleichgewicht noch stärker als heute ausgefallen.
Das soll nicht heißen,
dass es in der Geschichte des Buddhismus keine Gewalt gegeben hätte (im Bürgerkrieg auf Sri Lanka etwa, wo eine Gruppe der Mönche nicht unbeteiligt ist), aber INSGESAMT ist es hier weitaus weniger.
Ein Hauptgrund für diesen Unterschied: Die buddhistischen
Urtexte sind unmissverständlich friedfertig. Nichttöten
ist hier das Erste Gebot. Es gibt keine "buddhagesegnete"
Gewalt. (Selbst das Beispiel Sri Lanka, wo aktuell Waffenstillstand
herrscht, ist eine Ausnahme. Denn dort stehen sich mit den
Singhalesen und Tamilen zwei Gruppen gegenüber, deren Konflikt
auf dem indischen Subkontinent vor dreieinhalb Jahrtausenden
begonnen hat - ein Jahrtausend vor dem Buddha. Damals begannen
die indoarischen Eroberer des Subkontinentes die drawidischen
Ureinwohner zu unterwerfen oder in den Süden abzudrängen.
Die Singhalesen sind ein indoarisches und die Tamilen ein drawidisches
Volk. Außerdem ist es ein klarer Territorialkonflikt.)
Wo liegen die tieferen Gründe, warum es, was jenen großen Vergleich zwischen den
monotheistischen Weltreligionen und dem Buddhismus zur Frage der
Gewalt angeht, derart auffällige Unterschiede gibt?
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