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Im Gewand dieses Features geht es hier
um eine Reflektion über die Beziehung zwischen Mensch und
Hund, im Geiste der buddhistischen Ethik. Diese Ethik umfasst
sowohl Menschen als auch Tiere, im Unterschied zu der ausschließlich auf Menschen
bezogenen Ethik der drei monotheistischen Weltreligionen. Die buddhistische
Ethik geht davon aus, dass Tiere voll empfindungsfähige Lebewesen sind.
Außerdem illustriert dieser Beitrag das "Abhängige Entstehen",
dass nichts wirklich "separat" existiert, wie im Buddhismus
die "Höchste Wahrheit" beschrieben wird. Dunkler Riese, massiger Schädel er ist wie zum tödlichen Angriff geschaffen! Doch die Augen blicken gutmütig, nahezu trottelig ... Das gute Tier räkelt sich verspielt auf dem Rücken im Park, während sich Herrchen unterhält. Ist das etwa ein Kampfhund? "Ja, ein Bullmastiff", sagt Willy Wagner (37) aus Hamburg-Ottensen. Diese Rasse sei eine Kreuzung aus Bulldogge und dem uralt bewährten Jagd- und Wachhund "Old English Mastiff". "Mit Hunden ist es wie mit Menschen: Erzieht man sie verkehrt, geraten sie auf die verkehrte Bahn", erklärt Wagner. Doch nach der besonders strikten Hamburger Verordnung gegen Kampfhunde ist die Rasse der Hunde der Grund, wenn sie aggressiv werden, nicht die Erziehung. Als "Kampfhunde" gelten zum Beispiel American Staffordshire, Bull Terrier oder die Pitbulls. Für Wagner als Single jedenfalls sei Freddy "sein alles" bester Freund, leidenschaftliches Hobby und "Kinderersatz", wie er meint. Aber was ist mit den bösen Vorfällen, etwa als das Kind in Hamburg von zwei Kampfhunden totgebissen wurde? "Man kann viele Hunde zu Kampfhunden abrichten! Wenn mit einem Bernhardiner, Boxer oder dem weitverbreiteten Deutschen Schäferhund etwas passiert, kommt das kaum an die große Glocke", entgegnet er. Freddy tollt ausgelassen auf dem Rasen, als sei er alleine wild auf eines: Spielen. "Außerdem", ergänzt sein Herr stolz, "hat mein Hund den Wesenstest bestanden! Er gehört in die Kategorie II und gilt als friedfertig." Elf Kampfhunderassen fallen unter diese Kategorie. Laut Hamburger Hundeverordnung hängt es bei ihnen individuell von einem "Wesenstest" ab, ob die sehr strikten Auflagen einzuhalten sind. Nachdem am 16. Juni 2000 in der Hansestadt der sechsjährige Volkan von zwei Kampfhunden getötet worden war, verabschiedete der Senat unter dem damaligen SPD-Oberbürgermeister Ortwin Runde eine der härtesten Hundeverordnungen der Bundesrepublik. Seitdem gelten hier bestimmte Hunderassen der "Kategorie 1" grundsätzlich als gefährlich. Sie müssen kastriert und mit Leine sowie Maulkorb geführt werden. Außerdem benötigt man, um einen solchen Hund zu halten, eine Genehmigung. Sie setzt einen einwandfreien Lebenslauf, Sachkunde und ein "begründetes Interesse" voraus. Seit Inkrafttreten der Anordnung wurde nicht eine Haltungserlaubnis neu erteilt. Wolfgang Poggendorf, Chef des Hamburger Tierschutzvereins, befürwortet das strenge Vorgehen in der Stadt. Denn die meisten Kampfhunde im Tierheim Süderstrasse, die dort zur "Sicherungsverwahrung" einsitzen, kämen aus "zerrütteten Verhältnissen". In Städten wie Hamburg oder Frankfurt gebe es große Problemviertel, wo sich relativ viele ein solches Tier als "Profilierungshund" anschaffen wollen. Dies werde jetzt durch die Hamburger Hundeverordnung verhindert. Aber Poggendorf teilt nicht die Annahme, dass die Kampfhunderassen selbst das Problem wären. Durch den Deutschen Schäferhund passiere "zehnmal" so viel, doch der habe eine starke Lobby. "Der Kampfhund American Staffordshire etwa ist super-sensibel, super-lieb, der allerbeste Familienhund. Er hat keine Ambitionen, andere anzugreifen, sondern will nur beschützen", betont Simone Seidel (29). Auch sie verwirft die Idee, bestimmte Hunderassen seien von Haus aus aggressiv. Wenn sie ohne Grund angreifen, wie beim sechsjährigen Volkan in Hamburg, liege es an den Haltern. Die Hundekennerin führt gerade ihre zwei Hunde aus. Der eine ist ein großer "Bernasennschäferhundmix" mit glänzendem braunen Langhaar und zutraulichem Blick die "Alpha-Rüde". Beim anderen, einem kleinen "Mischling", kenne sie die Rasse der Elterntiere nicht. Er stamme aus dem Münchner Tierheim ein ehemaliger streunender Straßenhund aus Moskau, der Schrotkugeln im Fell hatte. Seitdem Seidel den Mischling auf einem Bild gesehen habe, sei er ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Schließlich habe sie sich auf den Weg nach München gemacht. Der kleine Hund macht heute nicht mehr den Eindruck, als gehe es ihm schlecht, oder dass er mit seinen vergangenen Erfahrungen aggressiv werden könnte. Sie erzählt etwa von einer Ausstellung mit Kampfhunden, wo den edelsten Tiere Preise verliehen worden seien. Diese Hunde gehörten besonders bewussten Besitzern und hätten "alle voll lieb" miteinander getollt. Sollten das etwa angriffslustige "Kampfhunde" sein? Aber dem Gesetzgeber schien es klar: Gefährlich ist jeder Kampfhund. So wurden nach dem Unglücksfall in Hamburg bundesweit scharfe Kampfhundeverordnungen erlassen. Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben sie jedoch im Jahre 2001 wieder aufgehoben. Denn bestimmte Hunderassen könnten nicht von vorneherein als gefährlich gelten, die Gefährlichkeit sei vielmehr im Einzelfall zu entscheiden. In Hamburg blieb die strenge Verordnung. Der Grund: Die Hansestadt hat eine Änderung des Gesetzes zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung beschlossen. Deshalb ist es hier nicht nur eine Verordnung. Das unerbittliche Vorgehen in Hamburg mag durch den schlimmen Unfall, wodurch der kleine Volkan umkam, verständlich sein. Dennoch spricht eben vieles dafür, dass die Gefährlichkeit der Hunde vom Einzelfall abhängt. Bestimmte Hunderassen könnten nicht generell verurteilt werden. In diesem Sinne betont auch Poggendorf vom Hamburger Tierschutzverein, dass er bedenkenlos schon 400 der vom Gesetz als gefährlich eingestuften Kampfhunde an neue Halter in anderen Bundesländern vermittelt habe. Andererseits habe er ebenso verantwortlich für die Hunde, die er vermittele über 120 Hunde einschläfern lassen müssen. Es sei immer per Wesenstest individuell abzuwägen. Was die Hundehalter angeht, kann man sich auch leicht täuschen: Der junge Autonome mit Lederjacke und hellblond gefärbten Haaren will Alter und Nachnamen nicht nennen. Er lebe hier in Ottensen in einer Gemeinschaft mit anderen, die wie er selbst auch Schäferhunde hätten. Könnte seiner gefährlich werden? Kurt schüttelt verneinend den Kopf. Sein Hund liegt ihm friedlich zu Füßen. "Ob ein Hund gefährlich wird, hat immer mit den Besitzern zu tun. Mit einem Kampfhund machen einige gleich etwas her, da bekommen andere gleich richtigen Respekt. Das ist wie mit einem dicken Mercedes", sagt er zurückhaltend bestimmt, traurig. Monika Haselhorst (47) kommentiert die Ansicht, dass sich Überraschungsangriffe von Hunden durch deren Rasse erklärten, so: "Auch den kleinsten Hund kann man abrichten." Die Kampfhunde sind nicht das Problem, das eigentliche
Problem sind manche Halter. Doch deren Angriffsbereitschaft, die ihre
Kampfhunde zu prägen scheint, ist nicht per Gesetz zu lösen. |
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