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Ein großes und ein heikles Thema:
Die Frau im Buddhismus. Denn auch der Buddhismus hat patriarchale Züge.
Auch in seiner Geschichte hat es viel mehr Meister als Meisterinnen
gegeben, zumindest unter den bekannten Persönlichkeiten. Ein weiblicher
Dalai Lama oder Karmapa etwa ist bisher nicht überliefert. Diese unbestreitbaren Tatsachen gelten nicht für die Ausgangslagen der anderen vier Weltreligionen. Zu den Aposteln um Jesus Christus etwa gehörten bloß Männer. Laut dem alttestamentarischen Mythos ist die Frau als "Rippe" gleichsam ein dienliches "Nebenprodukt" des Mannes. Zu historischen Phänomenen wie der Hexenverbrennung, mit Millionen meist in sadistischer Weise grausam ermordeter Frauen (etwa 1400-1800, Christentum), der Witwenverbrennung (Hinduismus), oder heute den Hinrichtungen von Frauen, etwa weil sie ihrem Mann widersprochen haben (wie unter den Taliban in Afghanistan geschehen), sowie dem Verschleierungsgebot gibt es nichts Vergleichbares in der buddhistischen Geschichte. Wenn die gesellschaftlichen Bedingungen in einer Kultur es gestatten, wie gegenwärtig im Buddhismus des Westens, erlangen buddhistische Frauen die gleiche Position wie Männer unter den Praktizierenden, Lehrenden, Autoren und innerlich Befreiten bzw. Verwirklichten. Im modernen Abendland vertreten die Frauen dieser vier Gruppen den Buddhismus ebenso stark wie die Männer. Daraus folgt: Es sind immer bloß die gesellschaftlichen Bedingungen, die eine Gleichstellung der Frau im Buddhismus verhindern. Auch haben Frauen aktuell in manchen asiatischen buddhistischen Ländern eine starke Position (trotz der traditionell sehr patriarchalen Strukturen in den asiatischen Ländern, wohin Buddhas Lehre aus Indien zuerst gelangt war). Im besonders dynamischen Buddhismus des modernen Taiwan zählen die weiblichen Ordinierten, die hier häufig höchst gebildet und engagiert sind, deutlich mehr als die männlichen. Auch in Korea ist ihre Position stark (mit voller Nonnen-Ordination, eigenen Äbtissinnen und finanzieller Unabhängigkeit). Beim Thema "Der Buddha und die Frau" werden von westlichen, häufig christlich vorgeprägten Interpreten generell bestimmte Stellen des Pali-Kanons "herausgegriffen". Die vielen anderen und zentralen Stellen bleiben demgegenüber jedoch weitgehend unbeleuchtet. Dieses grundsätzliche Vorgehen gilt leider auch für nicht wenige "Buddhisten" im christlichen Abendland. Folgende Tatsachen widerlegen die Authentizität der häufig zitierten Passage, wonach der Buddha bei der Gründung des weiblichen Ordens gesagt haben soll, dass Frauen wohl zum höchsten Erwachen fähig seien, aber mit einem weiblichen Orden die buddhistische Lehre anstatt von 1000 lediglich 500 Jahre währen würde: 1) Wenn der Buddha hier tatsächlich hätte die Zukunft darstellen wollen, dann gewiss so, wie sie käme: Dass selbst nach 2500 Jahren (heute) seine Lehre mit einem weiblichen Orden noch in Blüte steht und zudem eine klare Renaissance erfährt (besonders im Westen, wo buddhistische Frauen daran zentral mitwirken). 2) Es ist die einzige Stelle in der Reden des Pali-Kanons, wo der Erwachte eine Prophezeiung zur Zukunft macht, noch dazu mit einer exakten Jahresangabe. Dies läuft dem ganzen nichtspekulativen Charakter seiner Reden völlig entgegen. 3) Nach dieser Stelle begründet der Erwachte jene negative Prophezeiung gar nicht näher, obwohl er gewöhnlich genau begründet, vor allem weitgehende Aussagen. 4) Der Erwachte hätte mit dieser Stelle eine vollkommene Absurdität geäußert. Denn wenn Frauen genauso fähig wie Männer sind, das höchste Erwachen zu verwirklichen, mithin die ganze Menschheit (nicht nur eine Hälfte), wäre alleine das Gegenteil folgerichtig: Dass seine Lehre viel längeren Bestand haben müsste. All dies belegt: Diese Textstelle
ist später in den Pali-Kanon eingeschoben worden. Die elitäre
Haltung des Erwachten zur Frau (angesichts ihrer hohen Stellung unter
den Laienanhängern und im Orden der Ordinierten, sowie der Einschätzung
durch den Buddha als gleich fähig zur Befreiung) dürfte einigen
der weniger erwachten Mönche der späteren Zeit schwer im Magen
gelegen haben. So sollte hier "nachträglich" wenigstens
eine "starke Gegenaussage" platziert werden, als Gegenstück
zu jenem Eindruck durch Buddhas Reden. Dadurch wurde den gesellschaftlichen
Bedingungen der besonders patriarchalischen Länder im späteren
Asien Rechnung getragen, wohin die Lehre das Buddha aus Indien gelangt
war. |
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