"Die Rede an die Kalâmer":

Kalâma- Sutta
(Angereihte Sammlung III. 66)




So habe ich es gehört:

Einstmals kam der Erwachte, der Buddha, auf seiner Wanderung im Kosalerlande gemeinsam mit einer großen Schar von Mönchen zu einer Stadt der Kâlâmer namens Kesaputta. Da vernahmen die Kâlâmer aus Kesaputta diese Kunde: "Der Asket Gotama, der Sakyersohn, der aus dem Sakyer-Geschlecht in die Hauslosigkeit zog, ist in Kesaputta eingetroffen. Über ihn, den Erhabenen, Gotama, hat sich ein wunderbarer Ruhm verbreitet: 'Dies ist der Erhabene, vollkommen Erwachte, in Wissen und Wandel Bewährte, Gesegnete, Kenner der Welt, unvergleichliche Lenker, Meister der Götter und Menschen!'

Er erklärt diese Welt mit ihren Geistern und Brahma-Göttern, ihrer Schar von Asketen und Priestern, ihren Göttern und Menschen, nachdem er sie selber erkannt und durchschaut hat. Er verkündet die Lehre, die am Anfang, in der Mitte und am Ende schön ist. Er offenbart dem Sinne und dem Wortlaut nach den in sich vollkommenen Wandel. Gut ist es, einen solchen Menschen zu sehen."

Deshalb begaben sich die Kâlâmer aus Kesaputta dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, brachten einige dem Buddha ihre Verehrung dar und setzten sich zu seiner Seite nieder; einige streckten ihre zusammengelegten Hände dem Erhabenen entgegen und setzten sich zu seiner Seite nieder; einige gaben Name und Familie kund und setzten sich zu seiner Seite nieder; einige setzten sich einfach schweigend zu seiner Seite nieder. Zu seiner Seite sitzend, sprachen die Kâlâmer aus Kesaputta sodann zum Erhabenen diese Worte:

"Es kommen, o Herr, einige Asketen und Brahmanen nach Kesaputta; die lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Das nächste Mal kommen wieder andere Asketen und Brahmanen nach Kesaputta, und auch diese lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, und den Glauben anderer beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Deshalb sind wir im Unklaren, sind im Zweifel, wer da wohl von diesen Asketen und Brahmanen Zutreffendes, und wer da wohl Unzutreffendes lehrt."

 

1) "Recht habt Ihr, Kalâmer, daß Ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, seid Ihr es.

Geht nicht nach Hörensagen oder Gerücht, Überlieferung oder Tradition, den Tagesmeinungen, oder der Vorgabe von Schriften (bis hierher das Wissen aus zweiter Hand); nicht nach Vernünftelei, logischer oder rhetorischer Kunstfertigkeit, Gedankengebäuden, oder der Übernahme anziehender Ideen (bis hierher das fehlgeleitete Denken); nicht nach dem Schein von Fähigkeit oder der Autorität eines spirituellen Meisters (bis hierher die Orientierung an weltlichen oder spirituellen Autoritäten).

Aber wenn ihr für Euch selber versteht: 'Diese Dinge sind unheilsam, verwerflich, von den Weisen getadelt; und, wenn man sie akzeptiert und unternimmt, bringen sie allseits Nachteil und Leiden', dann, o Kâlâmer, möget ihr sie aufgeben.

Was glaubt ihr, Kâlâmer: Gereicht die Gier, die in einem aufsteigt, zum Heil oder Unheil?"

"Zum Unheil, o Herr."

"Aus Gier, Kâlâmer, von Gier überwältigt, umstrickten Geistes, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, begeht man sexuelles Fehlverhalten, redet man Lügen und spornt andere dazu an. Dies wird einem lange Zeit zum Unheil und Leiden gereichen."

"So ist es, o Herr."

"Was glaubt ihr, Kâlâmer: Gereichen der Hass und die Verblendung, die im Menschen aufsteigen, ihm zum Heil oder Unheil?"

"Zum Unheil, o Herr."

"Aus Hass und Verblendung, Kâlâmer, von Hass und Verblendung überwältigt, umstrickten Geistes, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, begeht man sexuelles Fehlverhalten, redet man Lügen und spornt andere dazu an. Dies wird einem lange Zeit zum Unheil und Leiden gereichen."

"So ist es, o Herr."

"Was glaubt ihr, Kâlâmer, sind diese Dinge unheilsam oder heilsam?"

"Unheilsam, o Herr."

"Verwerflich oder untadelig?"

"Verwerflich, o Herr."

"Werden diese Dinge von Weisen gepriesen oder getadelt?"

"Getadelt, o Herr."

"Und führen diese Dinge, wenn man sie akzeptiert und unternommen, zu Unheil und Leiden oder nicht? Wie steht es damit?"

"Diese Dinge, o Herr, wenn man sie akzeptiert und unternimmt, führen zu Unheil und Leiden. So denken wir in diesem Punkt."

"Eben aus diesem Grunde, Kâlâmer, haben wir Folgendes gesagt:

Geht nicht nach Hörensagen oder Gerücht, Überlieferung oder Tradition, den Tagesmeinungen, oder der Vorgabe von Schriften (bis hierher das Wissen aus zweiter Hand); nicht nach Vernünftelei, logischer oder rhetorischer Kunstfertigkeit, Gedankengebäuden, oder der Übernahme anziehender Ideen (bis hierher das fehlgeleitete Denken); nicht nach dem Schein von Fähigkeit oder der Autorität eines spirituellen Meisters (bis hierher die Orientierung an weltlichen oder spirituellen Autoritäten).

Aber wenn ihr für Euch selber versteht: 'Diese Dinge sind unheilsam, verwerflich, von den Weisen getadelt; und, wenn man sie akzeptiert und unternimmt, bringen sie allseits Nachteil und Leiden', dann, o Kâlâmer, möget ihr sie aufgeben.

 

2) Geht nicht nach Hörensagen oder Gerücht, Überlieferung oder Tradition, den Tagesmeinungen, oder der Vorgabe von Schriften (bis hierher das Wissen aus zweiter Hand); nicht nach Vernünftelei, logischer oder rhetorischer Kunstfertigkeit, Gedankengebäuden, oder der Übernahme anziehender Ideen (bis hierher das fehlgeleitete Denken); nicht nach dem Schein von Fähigkeit oder der Autorität eines spirituellen Meisters (bis hierher die Orientierung an weltlichen oder spirituellen Autoritäten).

Aber wenn Ihr für Euch selber versteht: ,Diese Dinge sind heilsam, förderlich, von Weisen empfohlen; und, wenn man sie akzeptiert und durchführt, bringen sie allseits Nutzen und Glück', solltet Ihr danach handeln.

Was glaubt ihr, Kâlâmer: Gereicht die Gierlosigkeit, die in einem aufsteigt, zum Heil oder Unheil?"

"Zum Heil, o Herr."

"Frei von Gier, Kâlâmer, nicht von Gier überwältigt, unumstrickten Geistes, tötet man nichts Lebendiges, nimmt man nichts Ungegebenes, begeht man kein sexuelles Fehlverhalten, redet man keine Lügen, und spornt andere nicht dazu an. Dies wird einem lange Zeit zum Heil und Wohl gereichen."

"So ist es, o Herr."

"Was glaubt ihr, Kâlâmer: Gereicht die Hasslosigkeit und die Nichtverblendung (Wahnfreiheit), die in einem aufsteigt, zum Heil oder Unheil?"

"Zum Heil, o Herr."

"Frei von Hass und Verblendung, nicht von Hass und Verblendung überwältigt, unumstrickten Geistes, tötet man nicht Lebendiges, nimmt man nicht Ungegebenes, begeht man kein sexuelles Fehlverhalten, redet man keine Lügen, und spornt andere nicht dazu an. Dies wird einem lange Zeit zum Heil und Wohl gereichen."

"So ist es, o Herr."

"Was glaubt ihr, Kâlâmer, sind diese Dinge heilsam oder unheilsam?"

"Heilsam, o Herr."

"Verwerflich oder untadelig?"

"Untadelig, o Herr."

"Werden diese Dinge von Weisen getadelt oder gepriesen?"

"Gepriesen, o Herr."

"Und führen diese Dinge, wenn man sie ausführt und unternimmt, zum Wohl oder nicht? Wie steht es damit?"

"Diese Dinge, wenn man sie akzeptiert und unternimmt, führen zum Heil und Wohl. So denken wir in diesem Punkt."

"Eben aus diesem Grunde, Kâlâmer, haben wir Folgendes gesagt:

Geht nicht nach Hörensagen oder Gerücht, Überlieferung oder Tradition, den Tagesmeinungen, oder der Vorgabe von Schriften (bis hierher das Wissen aus zweiter Hand); nicht nach Vernünftelei, logischer oder rhetorischer Kunstfertigkeit, Gedankengebäuden, oder der Übernahme anziehender Ideen (bis hierher das fehlgeleitete Denken); nicht nach dem Schein von Fähigkeit oder der Autorität eines spirituellen Meisters (bis hierher die Orientierung an weltlichen oder spirituellen Autoritäten).

Aber wenn Ihr für Euch selber versteht: ,Diese Dinge sind heilsam, förderlich, von Weisen empfohlen; und, wenn man sie akzeptiert und durchführt, bringen sie allseits Nutzen und Glück', solltet Ihr danach handeln.

 

3) So von Verlangen und Übelwollen befreit, nicht mehr verwirrt, wissensklar und achtsam, durchdringt der edle Mensch mit einem von liebender Güte, Mitgefühl und Mitfreude in Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, und ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer hindurch und allenthalben die ganze Welt mit einem von liebender Güte, Mitgefühl und Mitfreude in Gleichmut erfüllten Geiste, dies heißt einem weiten, umfassenden, unermesslichen, von Hass und Übelwollen befreiten Geiste.

 

4) Mit einem solchen von Hass und Übelwollen befreiten, unbeschwerten und geläuterten Geiste ist dem edlen Menschen noch zu Lebzeiten vierfacher Trost gewiss:

'Gibt es eine andere Welt und dort eine Frucht, ein Ergebnis der heutigen heilsamen und unheilsamen Taten, dann werde ich nach dem Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf eine glückliche Daseinsebene gelangen, in eine himmlische Welt'. Dieses ersten Trostes ist er sich gewiss.

'Gibt es aber keine andere Welt und dort keine Frucht, kein Ergebnis der heutigen heilsamen oder unheilsamen Taten, dann lebe ich eben hier in dieser Welt ein leidloses, glückliches Leben, frei von Hass und Übelwollen'. Dieses zweiten Trostes ist er sich gewiss.

'Wenn in diesem Leben einem Übeltäter Unheil widerfährt, ich aber gegen niemanden Übles im Sinne habe, wie kann dann wohl mir, der ich nichts Übles tue, hier Unheil widerfahren?' Dieses dritten Trostes ist er sich gewiss.

'Wenn aber in diesem Leben einem Übeltäter kein Unheil widerfährt, so weiß ich mich eben hier im Gewissen rein.' Dieses vierten Trostes ist er sich gewiss.

Mit einem derart von Hass und Übelwollen freien, unbeschwerten und geläuterten Geiste ist dem edlen Menschen noch zu Lebzeiten dieser vierfache Trost gewiss."

 

5) "So ist es, Erhabener! So ist es, Gesegneter! Mit einem derart von Hass und Übelwollen freien, unbeschwerten und geläuterten Geiste ist einem edlen Menschen noch zu Lebzeiten dieser vierfache Trost gewiss.

Vortrefflich, o Herr! Vortrefflich, o Herr! Gleichwie man Umgestürztes wieder aufrichtet oder das Verborgene enthüllt oder den Verirrten den Weg weist oder in die Finsternis mit einem Licht vetreibt, damit, wer Augen hat, die einzelnen Gegenstände sehen kann, eben in dieser Weise hat der Erhabene auf mancherlei Weise die Lehre aufgezeigt. Deshalb nehmen wir unsere Zuflucht zum Erhabenen, zu seiner Lehre und zur Gemeinde der Ordinierten!

Als Anhänger möge uns der Erwachte betrachten, als solche, die von heute ab zeitlebens im Dhamma ihren Freiort genommen haben."

 


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