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Die Meditation
der alles durchdringenden Elemente:
Element Wind oder Luft: Sei Dir zuerst des Ein- und Ausatmens bewusst. Wenn wir uns mit dem Atmen verbinden, werden wir mit dem Element "Luft" intim vertraut, als die Spürqualität des "Bewegten". Spüre diesen Naturprozess des Ein- und Ausatmens mit allen ihn begleitenden Empfindungen im ganzen Körper bis in die Enden der Gliedmaßen hinein. Kontempliere, wie sich das Element "Wind" oder "Luft" als die reine Spürqualität des Bewegtseins überall im Körper manifestiert: Jede äußere Bewegung des Körpers oder eines seiner Gliedmaßen wird über die Qualität des "Bewegten" unmittelbar spürbar. Diese Qualität ist nicht zu sehen, sondern bloß zu spüren. Denn was gesehen wird, sind immer nur Farben und Formen. Auch jede innere Organtätigkeit ist mit Bewegung verbunden, die subtil spürbar werden kann. Die Kommentare zu Buddhas Reden erklären etwa dessen Aussage "aufsteigende Winde" als die Funktionen des Erbrechens oder Schluckens; "absteigende Winde" als die Kräfte, welche den Kot oder den Urin aus dem Körper heraustreiben; "Winde des Magens und des Darmes" als alle verdauenden Organbewegungen; sowie "alle Glieder durchströmende Winde" als die Blutbewegungen und Nervenimpulse im Blutgefäß- und Nervensystem des Körpers. Primär manifestiert sich das Element "Wind" als das Ein- und Ausatmen. Denn dieses ist das ganz elementare "Bewegte", das mit dem Sauerstoff allen Körperbewegungen zugrundeliegt. Deshalb gilt laut Buddhas "Rede vom Bewussten Ein- und Ausatmen" Ânâpânasatisutta (Mittlere Sammlung 118) das Bewusste Atmen auch als ein vollständiger Befreiungsweg. (Die Indologie betrachtet den hier zitierten Pali-Kanon des frühen Buddhismus Theravâda mit den ältesten vollständig überlieferten Redensammlungen des Buddha als die authoritativste Quelle zu dessen Lehre.) Kontempliere weiter, wie uns all diese Bewegungen als "unpersönliche" Manifestationen des Windelementes mit allen Bewegungen der Natur intimst verbinden. Die Bewegungen der rauschenden Bäume, des sich kräuselnden Wassers, der dahinziehenden Wolken oder der wehenden Weizenfelder, die Bewegungen von Tieren und Menschen oder der von Menschen gemachten Dinge sind "reine" Manifestationen des Windelementes; so wie auch all jene äußeren und inneren Bewegungen des Körpers. "Wir" sind von identischer elementarer "Substanz". Im Verstehen dieses "Nicht-(getrennten)Selbst" Anattâ offenbart sich unser wahres, d. h. natürliches Wesen. zurück zum Top
Element Erde: Kontempliere weiter, wie sich das Element Erde als die reine Spürqualität des Festen, Widerstandbietenden oder Gewichtigen überall im Körper manifestiert; nämlich in allen sichtbaren Körperteilen und unsichtbaren Organen mit ihren unterschiedlichen Graden von Härte oder Starre bzw. Geschmeidigkeit oder Weichheit. Auch all dasjenige, was als variierendes Gewicht empfunden wird, ist Manifestation des Erdelementes. Außerdem wird dieses Element in manchen Texten auch als das Element der sichtbaren Ausdehnung bzw. der gebetteten Materie beschrieben. Kontempliere weiter, wie uns all dieses Feste, Widerstandbietende, unterschiedliches Gewicht Aufweisende und sichtbar Ausgedehnte oder materiell Gebettete als "unpersönliche" Manifestationen des Erdelementes mit allem Festen, Widerstandbietenden, unterschiedliches Gewicht Aufweisenden und sichtbar Ausgedehnten oder materiell Gebetteten der Natur intimst verbinden. Alles, was sich "von dort" unserem Körpersinn (Spüren und Schmecken) als Festes oder Weiches und als Schweres oder Leichtes übermittelt, sowie gleichermaßen alles, was unserem Augensinn "Widerstand" bietet (das mit Form und Farbe sichtbar Ausgedehnte) ist "reine" Manifestation des Erdelementes; so wie auch all jene äußeren Teile und inneren Organe unseres eigenen Körpers. "Wir" sind von identischer elementarer "Substanz". Im Verstehen dieses "Nicht-(getrennten)Selbst" Anattâ offenbart sich unser wahres, d. h. natürliches Wesen.
Erläuterung der Meditation: Der Erwachte bringt auch ein Gleichnis zu den natürlichen Elementen: "Gleichwie ein geschickter Rinderschlächter, nachdem er eine Kuh geschlachtet und in Stücke zerlegt hat, sich am Kreuzungspunkt von vier Strassen niedersetzt, so betrachte der Praktizierende diesen Körper in dessen jeweiliger Stellung und Haltung gemäß den vier Großen Elementen: 'Hier wirkt im Körper das Erdelement, hier das Wasserelement, hier das Feuerelement und hier das Luftelement.'" Der Erwachte erklärt, dass im Schlächter die Vorstellung "Kuh" bloß so lange besteht, wie er sie noch nicht in deren Grundelemente zerlegt hat. Ähnlich würden wir die Vorstellung "Selbst" zu unserem Körper bloß so lange hegen, wie wir uns dessen letztliches "Überallsein" als die Vier Elemente noch nicht vergegenwärtigt haben. Das Festhalten am "Selbst" und "Mein" aus unserem grundlegenden Durst und Ergreifen bringt die leidschaffenden Fixierungen hervor. Die Elementemeditation will die "Selbst"-Vorstellung auflösen, indem sie unser Nichtgetrenntsein im zutiefst verwobenen Spiel der natürlichen Vier Großen Elemente befreiend offenbart. Jede frühbuddhistische Meditation will mit dem "wahren Wesen" der Dinge, nämlich den Drei Daseinsmerkmalen "Flusshafte Vergänglichkeit, letztliche Nichttragfähigkeit bzw. das Nicht-Selbst "Anattâ" aller Dinge, befreiend vertrautmachen. Denn dadurch wird allmählich unsere unbewusste "Gegensicht" der Erscheinungen als verlässlich-konstant, konkret-stabil bzw. ein "Selbst" oder "Ding"-haft (als an sich anziehend) aufgelöst und weicht der wirklichkeitsgemäßen Sicht. Damit schwinden die Bezugspunkte wollender oder ablehnender Fixierung, mithin das innere wie äußere Leiden. Die Elementemeditation offenbart die Drei Daseinsmerkmale, indem sie die dynamisch fließenden, in sich verwobenen, sich wechselseitig oder das All durchdringenden Grundströmungen alles Materiellen aufzeigt. Diese Intention aller frühbudddhistischen Meditationsformen (das Sehen der Drei Daseinsmerkmale) zeigt etwa der Refrain der primären Meditationsrede des Erwachten von den "Vier Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit" Satipatthâna-Sutta (Mittlere Sammlung 10). Dieser Refrain erscheint nach jeder der in dieser Rede beschriebenen Praxisformen, wozu die Elementemeditation gehört. Darin werden die Stufen der befreienden Schau geschildert, wie sie mit Trefflicher Achtsamkeit verwirklicht werden. Der auffordernde Ton soll zum Hinsehen oder durchdringenden Wahrheitsschau ermutigen. Das wiederholte "oder" deutet an, dass es hier um eine spontane Entwicklung der inneren Praxis geht, wie sie sich natürlich ergibt: "Auf diese Weise bleibt der Praktizierende in eingehender Betrachtung des Körperlichen im Körperlichen verankert - nach innen oder nach außen oder sowohl nach innen als auch nach außen. Oder er bleibt im Betrachten der Entstehensprozesse, der Vergehensprozesse oder der Entstehens- und Vergehensprozesse im Körperlichen verankert. Oder es geht ihm die Vergegenwärtigung dieser Tatsache auf: 'Es wirkt hier das Körperliche'. Dafür kultiviert er eine behutsam umgrenzte Achtsamkeit. Und dies tut er genau in dem Maße, wie sie diesem intuitiven Wissen (dass nämlich nichts darüberhinaus existiert, d. h. kein 'Ich' oder 'Mein') oder dieser eingehenden Achtsamkeit dient. Auf diese Weise bleibt er unabhängig verankert und hängt an letztlich nichts in der Welt mehr fest." Die Definition der Achtsamkeit, die für diese Befreiung zu praktizieren ist: "Bleibt fortwährend verankert in eingehender Betrachtung des Körperlichen im Körperlichen: Entschlossen, klar wissend und achtsam gegenwärtig, nachdem Verlangen und Bekümmern hinsichtlich der Welt abgelegt worden sind. Das Gleiche gilt für die Empfindungen (bzw. Gefühlsreaktionen), Geistesqualitäten sowie Natürlichen Wahrheiten." Dies sind jene "Vier Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit" des Erwachten. zurück zum Top
Element Wasser: Kontempliere, wie sich das Element Wasser als die "reine" Spürqualität des Flüssigen, flexibel Zusammenhaltenden und Konturen Aufweisenden überall im Körper manifestiert. Es "ist" alles Fließende im Körper (die Körperflüssigkeiten Galle, Schleim, Blut, Eiter, Schweiß, Gewebefett, Tränen, Gelenköl, Speichel, Rotz und Urin), das Verbindende, das alle äußeren Körperteile und inneren Organe zu flexiblen Gestalten formt, sowie das, wodurch erst jede Form ihre Konturen bekommt. Ohne Wasser wäre jede Form spröde und bewegungsunfähig. Sie würde auseinander fallen oder könnte gar keine Funktion ausüben. Denn jede Funktion setzt ja flexible Zusammmenbindung voraus, das Element "Wasser". Der Körper besteht auch zum größten Teil aus Wasser, entgegen allem Anschein. Kontempliere weiter, wie uns all dieses Flüssige, Verbindende bzw. geschmeidig Zusammenhaltende und deutliche Konturen Gebende als "unpersönliche" Manifestationen des Wasserelementes mit allem Flüssigen, Verbindenden bzw. geschmeidig Zusammenhaltenden und deutliche Konturen Gebenden der Natur intimst verbinden. Alles, was sich "von dort" unserem Körpersinn als Flüssiges, flexibel Zusammenhaltendes und deutliche Konturen Habendes direkt übermittelt, ist "reine" Manifestation des Wasserelementes; so wie auch unsere Körperflüssigkeiten, das flexibel Zusammenhaltende und das deutliche Konturen Habende der äußeren Körperteile und inneren Organe. "Wir" sind von identischer elementarer "Substanz". Im Verstehen dieses "Nicht-(getrennten)Selbst" Anattâ offenbart sich unser wahres, d. h. natürliches Wesen. zurück zum Top
Element Feuer: Kontempliere schließlich, wie sich das Element Feuer als die bloße Spürqualität des Temperierten (heiß, warm, kühl bis kalt) überall im Körper manifestiert. Dieses Element umfasst auch die Einzelqualitäten dessen, was die Nahrung verbrennt und alles Körperliche mit Energie versorgt oder heranreifen lässt. Die Kommentare zu Buddhas Reden erklären etwa dessen Aussage "wodurch man erhitzt wird" als das, wodurch der Körper in Glut gerät, zum Beispiel das Fieber; "wodurch man verzehrt wird" als das, wodurch der Körper aufgezehrt wird, es etwa zu Kräfteverfall, Runzeligkeit oder grauem Haar kommt; "wovon man durchglüht wird" als die Hitze des Körpers bei verlangender Erregung oder Wut; sowie "wodurch das, was man gegessen, getrunken, gekaut und geschmeckt hat, zur vollen Verdauung gelangt". Der ganze Stoffwechsel beruht auf dem Element Feuer. Kontempliere weiter, wie uns all dieses Temperierte, Verdauende, zur Reife Bringende oder Aufzehrende und Abnutzende als "unpersönliche" Manifestationen des Feuerelementes mit allem Temperierten, Verdauenden, zur Reife Bringenden oder Aufzehrenden und Abnutzenden der natürlichen Mitwelt intimst verbinden. Alles, was sich "von dort" unserem Körpersinn als Heißes, Warmes oder Kühles, Vitalisierendes oder Abnutzendes direkt übermittelt, ist "reine" Manifestation des Feuerelementes; so wie auch all jene Funktionen unseres eigenen Körpers. "Wir" sind von identischer elementarer "Substanz". Im Verstehen dieses "Nicht-(getrennten)Selbst" Anattâ offenbart sich unser wahres, d. h. natürliches Wesen. zurück zum Top
Praxisempfehlung: Die "Vier Elemente" bedeuten also reine Spürqualitäten, die alles Materielle (im Körper oder in der natürlichen Mitwelt) auf der Ebene unseres unmittelbaren Körperempfindens "sind". Fülle die angeleiteten Kontemplationen zu der Vier Großen Elementen (vor allem in der freien Natur) mit eigenen Beispielen, um zunehmend zum sehenden Gefühl des intimen Verwobenseins mit der natürlichen Mitwelt zu gelangen. Hier liegt die Befreiung von der alles trennenden, konventionell fixierten Sicht des "Selbst", "Mein" oder ein "Ding". Die Elementemeditation ist besonders gut zur Erweiterung in den Alltag geeignet. Betrachte etwa auf einem Spaziergang am Morgen am See, wie sich die Vier Elemente um dich und in deinem Körper als letztlich identisch offenbaren, bis die unbewussten Schranken von "außen" und "innen" weichen. Bei dieser Meditation kann man sich auch auf ein Element beschränken. Konzentriere dich auf die Betrachtung eines Elementes, wie es sich um dich und in deinem Körper unmittelbar, dies heißt konzeptfrei übermittelt. Mache einmal die Meditation des "Körperhineinkommens", indem du bei der sukzessiven Betrachtung der unterschiedlichen Empfindungsflüsse in den verschiedenen Körperregionen ebenfalls die Betrachtung der natürlichen Vier Großen Elemente berücksichtigst. Denn alle Empfindungsgebiete und Spannungsfelder im Körper weisen eine Dominanz des einen oder des anderen Elementes auf. So kann es hier etwa stechende, heiße Empfindungen (Feuer), schwere, verdichtete Empfindungen (Erde), fließende, freie Empfindungen (Wasser) oder sich im Verlaufe der Betrachtung wandelnde und auflösende Empfindungen (Wind) geben.
Beim Essen und Trinken: Nimm etwa den Akt des Aufnehmens der Tasse, des Heranführens an den Mund und des Trinkens: Das Berühren der Tasse ist "Festes", das Hochheben und Heranführen an den Mund "Bewegtes" (die Bewegung des Armstreckens, des Greifens mit den Fingern, sowie des Hochhebens und Armbeugens beim Heranführen), die Berührung von Lippen und Tasse wiederum "Festes" und das Ankippen der Tasse zum Trinken "Bewegtes". Die Spürqualitäten des "Flüssigen" und "Temperierten" werden manifest, sobald sich Tasseninhalt, Lippen und Mundinneres berühren. Welche Arten von Widerstand (Erde) bietet die unterschiedlich feste Nahrung den Zähnen? Spüre den Speichel (Wasser), wie er mit dem beim Kauen abnehmend Widerständigen im Mund vermengt wird, oder auch das Getränk (Wasser). Spüre alle Temperaturen (Feuer) der Nahrungsbestandteile und des Getränkes. Beachte ebenfalls alle Bewegungen (Wind) als direkte Spürqualitäten, wodurch sich Arme, Handgelenke, Hände, Finger, Lippen, Zähne, Kopf und Rumpf innerlich übermitteln. So gelange zunehmend auf die Spürebene, wo die Drei Daseinsmerkmale tief befreiend verstanden werden können. Die Spürebene ist frei von visueller Fixierung, womit die "Dinge" leicht verfestigt werden, ihren fortwährenden Fluss ignorierend. Im Satipatthâna-Sutta sind Anblicke, Geräusche, Gerüche und Gedanken auch nicht als Betrachtungsinhalte angeführt. Bei der vierten Vergegenwärtigung geht es an einer Stelle nur um die geistigen "Fesseln" (Inneren Zwänge), die im Zusammenwirken jedes Sinnesbewussteins und Sinnesorgans mit den Eindrücken entstehen können.
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